Die Digitalisierung ist längst zu einem festen Bestandteil der Geschäftsstrategie kleiner und mittlerer Unternehmen geworden. Diese Entwicklung birgt sowohl Chancen als auch Herausforderungen, insbesondere wenn es um die Verfügbarkeit von qualifizierten Fachkräften geht. KMU finden sich zunehmend in einem Dilemma wieder: Während der technologische Fortschritt neue Möglichkeiten bietet, verschärft sich der Mangel an IT-Fachkräften, was eine effektive Umsetzung digitaler Strategien erschwert. Der Bedarf an Experten, die nicht nur technisch versiert sind, sondern auch in der Lage sind, die digitale Transformation zu begleiten und voranzutreiben, steigt stetig. Bereits im Jahr 2023 konnten 137.000 Stellen in der IT nicht besetzt werden. Ein Trend, der sich laut Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und Neue Medien e.V. (Bitkom) weiter verschärfen wird. Ihm zufolge könnten bis zum Jahr 2040 über 660.000 IT-Fachkräfte in Deutschland fehlen. In diesem Kontext müssen KMU innovative Lösungswege finden, um diesen Engpass zu überwinden und ihre Wettbewerbsfähigkeit zu sichern.
Ursachen des Fachkräftemangels
Bevor wir uns den Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel widmen können, müssen wir zunächst die Ursachen des Fachkräftemangels verstehen. Nur durch ein gründliches Verständnis dieser Faktoren können wir geeignete Strategien entwickeln, um dem Problem effektiv entgegenzuwirken und langfristige Lösungen zu finden.
Technologischer Fortschritt
Big Data, Robotik, maschinelles Lernen, generative KI: Der technologische Fortschritt revolutioniert die Art und Weise, wie wir arbeiten. Arbeitsabläufe werden effizienter, Kosten gesenkt und komplett neue Geschäftsmodelle entstehen. Das wirkt sich auch fundamental auf den Arbeitsmarkt aus. Einige Stimmen meinen, dass KI und Co. in Zukunft zu einem massiven Stellenabbau führen könnten. Eine These, die der „Rat der Arbeitswelt“ so nicht bestätigt sieht. Zwar geht das Expertengremium davon aus, dass bis zum Jahr 2040 bis zu 3,6 Millionen Arbeitsplätze durch die Digitalisierung obsolet werden könnten, aber dafür im gleichen Maß neue Arbeitsplätze entstehen. Arbeitsplätze, bei denen es auf spezielle Skills im Umgang mit neuen Technologien ankommen wird.
Demografischer Wandel
Ein weiterer signifikanter Faktor, der den Fachkräftemangel in der IT-Branche beeinflusst, ist der demografische Wandel. Die Bevölkerung in vielen Industrieländern altert, und die Zahl der jungen Menschen, die in den Arbeitsmarkt eintreten, ist rückläufig. In den nächsten 10 Jahren wird so der Anteil der arbeitsfähigen Bevölkerung um etwa 4 Mio. Menschen schrumpfen, was fast 7 % des gesamten Arbeitsmarktes entspricht. Dies wirkt sich besonders in technologieintensiven Branchen wie der IT aus, wo ständig frische Talente benötigt werden, um mit den rasanten technologischen Entwicklungen Schritt zu halten. Der Branchenverband Bitkom sieht im demografischen Wandel eine ernste Herausforderung für deutsche KMU, da die Anzahl der Berufseinsteiger, die notwendige technische und digitale Fähigkeiten mitbringen, nicht ausreicht, um den Bedarf des wachsenden IT-Sektors zu decken. Dies verschärft die Lücke zwischen dem Bedarf an qualifizierten Fachkräften und dem verfügbaren Angebot erheblich.
Bildungslücken und Qualifikationsdefizite
Die rasanten Entwicklungen in der IT stellen das Bildungssystem vor große Herausforderungen. Die Akkreditierung neuer Studiengänge dauert mitunter Jahre. Dies führt zu einer erheblichen Diskrepanz zwischen den am Arbeitsmarkt geforderten und den durch das Bildungssystem vermittelten Fähigkeiten. Darüber hinaus neigen viele akademische Programme dazu, theoretisches Wissen zu priorisieren und vernachlässigen dabei die praxisorientierten Skills, die in der IT-Branche unmittelbar erforderlich sind. Um diese Lücke zu schließen, ist eine stärkere Kooperation zwischen Hochschulen und der IT-Industrie unerlässlich. Eine solche Partnerschaft könnte dazu beitragen, Lehrpläne so anzupassen, dass sie praxisnahe Fähigkeiten vermitteln und gleichzeitig die kontinuierliche Weiterbildung etablierter Fachkräfte fördern. Dieser Ansatz würde es KMU ermöglichen, schneller auf qualifizierte und direkt einsetzbare IT-Spezialisten zurückzugreifen.
Globale Konkurrenz
Deutschland rutscht im internationalen Kampf um hoch qualifizierte Fachkräfte zunehmend ab. Eine Studie der Bertelsmann Stiftung zeigt, dass Deutschland im OECD-Index für Talentattraktivität von Platz 12 im Jahr 2019 auf Platz 15 im Jahr 2023 zurückgefallen ist. Länder wie Neuseeland, Schweden, die Schweiz, Australien und Norwegen bieten für Talente deutlich attraktivere Bedingungen, was berufliche Chancen, Einkommen und soziale Sicherheit betrifft.
Die Studie kritisiert zudem die langsame Digitalisierung in Deutschland und bürokratische Hindernisse, wie das erforderliche Mindestkapital für Unternehmensgründer, die das Land im Vergleich zu anderen weniger attraktiv machen. Auch die Akzeptanz von Migranten spiele eine Rolle bei der sinkenden Attraktivität Deutschlands als Zielort für internationale Fachkräfte. Dabei sieht die Industrie eine große Gefahr für den deutschen Arbeitsmarkt durch den zunehmenden Rechtsruck. Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie e.V. (BDI), Siegfried Russwurm, hatte daher mit Blick auf die Landtagswahlen in Deutschland 2024 gefordert: „Als Industrie appellieren wir an Besonnenheit und Vernunft. Wir wollen und wir brauchen eine offene Gesellschaft und die Bereitschaft und Fähigkeit zum politischen Diskurs und zum demokratischen Kompromiss.“
Was KMU konkret gegen den Fachkräftemangel tun können
Angesichts der vielschichtigen Probleme zeigt sich, dass der Fachkräftemangel nur behoben werden kann, wenn sowohl Politik und Unternehmen als auch die Gesellschaft bereit sind, ihren Teil dazu beizutragen. An dieser Stelle möchten wir auf 7 Strategien eingehen, mit denen kleine und mittlere Unternehmen gezielt dem Fachkräftemangel entgegensteuern können.
1. Interne Weiterbildung und Umschulung
Kleine und mittlere Unternehmen können dem Fachkräftemangel entgegenwirken, indem sie in die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter investieren. Individuelle Schulungsprogramme ermöglichen es den Angestellten, sich kontinuierlich weiterzuentwickeln und mit den neuesten technologischen Trends Schritt zu halten. Dies stärkt nicht nur die Kompetenz und Effizienz des Teams, sondern fördert auch die Mitarbeiterbindung, da sich die Belegschaft wertgeschätzt und gefördert fühlt. Dabei können Unternehmen und Mitarbeiter von speziellen Förderungen für Weiterbildungen profitieren, wie sie beispielsweise von der Investitionsbank angeboten werden.
2. Flexible Arbeitsmodelle
Blicken wir der Wahrheit ins Gesicht: Ein Nine-to-five-Job ist nicht mehr zeitgemäß. Durch die Einführung flexibler Arbeitszeiten und die Möglichkeit zum Homeoffice können KMU ein breiteres Spektrum an Fachkräften ansprechen. Solche Modelle sind besonders attraktiv für Fachkräfte, die aufgrund persönlicher Umstände oder Standortpräferenzen flexible Lösungen suchen. Das erhöht nicht nur die Attraktivität des Unternehmens als Arbeitgeber, sondern trägt auch dazu bei, talentierte Fachkräfte langfristig zu binden.
3. Kooperationen mit Bildungseinrichtungen
Eine enge Zusammenarbeit mit Universitäten und Fachhochschulen kann KMU dabei helfen, direkt auf junge Talente zuzugreifen. Durch Partnerschaften können Praktika und Werkstudentenstellen angeboten werden, die Studierenden praktische Erfahrungen ermöglichen und den Unternehmen frische Perspektiven bringen. Zudem könnte die Mitgestaltung von Curricula sicherstellen, dass die Lehrinhalte den aktuellen Anforderungen der Industrie entsprechen.
4. Aktive Rekrutierung und Employer Branding
Fachkräfte sind sich heute ihrer sozialen und umweltpolitischen Verantwortung bewusst und wählen deshalb bevorzugt Unternehmen, deren Werte mit ihren eigenen übereinstimmen. Um im Wettbewerb um die besten Köpfe bestehen zu können, müssen KMU sich als attraktive Arbeitgeber positionieren. Dies kann durch gezieltes Employer Branding und aktive Rekrutierungsstrategien erreicht werden, wie die Präsenz auf Karrieremessen, die Nutzung sozialer Netzwerke und die Durchführung von Imagekampagnen, die die Vorteile des Unternehmens für den Arbeitnehmer aber auch seine gesellschaftliche Rolle unterstreichen.
5. Internationale Talentakquise
Die Erweiterung der Rekrutierungsbemühungen auf internationale Märkte kann KMU Zugang zu einem globalen Pool von Fachkräften verschaffen. Dies kann durch die Zusammenarbeit mit spezialisierten Rekrutierungsagenturen oder durch internationale Networking-Events erfolgen. Eine offene Unternehmenskultur und Schulungen für Führungskräfte können dabei helfen, internationale Fachkräfte besser in das eigene Unternehmen zu integrieren, sei es vor Ort oder über einen Remote-Job.
6. Interne Innovationsförderung
Der Wettbewerb zwingt Unternehmen dazu, sich beständig weiterzuentwickeln. „Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit“, lautet ein Sprichwort. Deshalb sollten KMU eine Unternehmenskultur fördern, die Innovation und kreative Problemlösungen unterstützt. Das kann durch flache Hierarchien, eine offene Fehlerkultur, interne Hackathons, Innovationsworkshops und Förderprogramme für Mitarbeiterprojekte geschehen. Solche Initiativen motivieren nicht nur die Mitarbeiter, sondern machen das Unternehmen auch für außenstehende Talente attraktiver.
7. Digitalisierungspartner einbeziehen
Neben den bisher kennengelernten Strategien kommt noch eine weitere, entscheidende ins Spiel: externe Partner. Wenn es um die Digitalisierung geht, müssen KMU nicht alles selbst machen und nicht immer lohnt es sich, Fachkräfte selbst einzustellen. Die Zusammenarbeit mit einem erfahrenen Digitalisierungspartner, wie SelectLine, kann hier entscheidend sein. Solche Partner bringen nicht nur spezifisches technologisches Know-how mit, sondern auch Erfahrung in der Implementierung komplexer IT-Lösungen in verschiedensten Branchen. Sie helfen, digitale Strategien effizient umzusetzen, ohne dass KMU in teure interne Ressourcen investieren müssen. Außerdem können diese Partner bei der Schulung des vorhandenen Personals unterstützen, um die Akzeptanz und effektive Nutzung neuer Systeme zu fördern. Indem KMU externe Expertise für spezialisierte Aufgaben nutzen, können sie sich auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren und gleichzeitig ihre Digitalisierungsziele erreichen. Dies schafft einen Wettbewerbsvorteil, ohne die eigenen Ressourcen zu überdehnen.
Schlussfolgerung und Zusammenfassung
Der Fachkräftemangel betrifft besonders KMU, die zunehmend Schwierigkeiten haben, qualifizierte IT-Fachkräfte zu finden. Daher ist es wichtig, dass politische und gesellschaftliche Rahmenbedingungen geschaffen werden, um die Aus- und Weiterbildung im IT-Bereich zu fördern und Deutschlands Attraktivität für internationale Fachkräfte zu steigern.
Zusätzlich können Unternehmen selbst aktiv werden, um sich als attraktive Arbeitgeber zu positionieren. Insbesondere Unternehmen, die einen klaren Fokus auf ihre gesellschaftliche Verantwortung legen und eine werteorientierte Mission verfolgen, sind bei Fachkräften zunehmend beliebt, die nach einem sinnstiftenden Arbeitsumfeld suchen.
Durch die Umsetzung interner Weiterbildungsprogramme, die Förderung flexibler Arbeitsmodelle und die Zusammenarbeit mit Bildungseinrichtungen können KMU ihre Chancen verbessern, geeignete Mitarbeiter zu gewinnen und zu halten. Die Offenheit gegenüber internationalen Talenten eröffnet zudem neue Möglichkeiten, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken und frische Perspektiven ins Unternehmen zu bringen.
Eine wichtige Rolle spielen auch externe Partner, die KMU effektiv bei der Digitalisierung ihrer Geschäftsabläufe unterstützen können. ERP-Anbieter wie SelectLine bieten KMU nicht nur passende Software, um Prozesse zu optimieren, sondern auch das nötige Know-how, um Mitarbeitern die erforderlichen Fähigkeiten im Umgang mit den ERP-Programmen zu vermitteln.